2015-03-11

Die neoliberalen EU-Wirtschaftsgesetze fördern Monopole und die Arbeitslosigkeit



 Monopole, Bedrohung der Freiheit

„Diese ganze Monopolbekämpfung steht aber in Wirklichkeit im Dienste überwirtschaftlicher Zwecke. [...] unser Kampf richtet sich dagegen, dass die Monopole eine Bedrohung der Freiheit sind. Es ist unter dem Gesichtspunkt der Staatsstruktur nicht erträglich, dass man es in einem Land, das demokratische Freiheit auf seine Fahne geschrieben hat, duldet, dass sich private Machtpositionen nach privatem Belieben bilden, dass mitten in unserem demokratischen Gefilde sozusagen Raubritterburgen errichtet werden, die von den vorüberziehenden Kaufleuten und Konsumenten Tribute erheben. Das ist ein grundsätzlich unerträglicher Zustand [...] Es macht außerdem unsere Front gegen die Planwirtschaft unglaubwürdig. Denn wenn wir derartige planwirtschaftliche Enklaven zulassen, wo private Monopolinhaber innerhalb ihres Bereichs nach eigenem Gutdünken Planwirtschaft betreiben, dann kann man mit Recht sagen: «Hier lasst ihr es ja selbst zu! Aber wenn schon Planwirtschaft, dann soll wenigstens die öffentliche Hand sie betreiben, nicht irgendein beliebiger Unternehmer!»“

Wirtschaft als Dienerin der Menschlichkeit

„Wir sind der Meinung, dass es unendlich viele Dinge gibt, die wichtiger sind als Wirtschaft: Familie, Gemeinde, Staat, alle sozialen Integrationsformen überhaupt bis hinauf zur Menschheit, ferner das Religiöse, das Ethische, das Ästhetische, kurz gesagt, das Menschliche, das Kulturelle überhaupt. [...] Aber sie alle können ohne die Wirtschaft nicht existieren; für sie alle muss die Wirtschaft das Fundament, den Boden bereiten. [...] Das heißt alle diese überwirtschaftlichen Dinge haben Forderungen an die Wirtschaft zu stellen. Die Wirtschaft hat diese Forderungen zu erfüllen, sie hat sich in den Dienst dieser Forderungen zu stellen. Es ist der eigentliche Zweck der Wirtschaft, diesen überwirtschaftlichen Werten zu dienen. [...] Es folgt daraus, dass die Wirtschaft ihrerseits nicht Formen annehmen darf, die mit jenen überwirtschaftlichen Werten unvereinbar sind.[...] Eine totale Planwirtschaft lässt sich anders als mit totalitärer Diktatur überhaupt nicht durchführen   [...] die Wirtschaftsfreiheit (ist) die notwendige, die unentbehrliche Grundlage der politischen Freiheit, der menschlichen Freiheit, d.h. also im Dienste der Menschenwürde.“


Aus: Rüstow, Alexander (1960):Wirtschaft als Dienerin der Menschlichkeit. In: Ders. et al.: Was wichtiger ist als Wirtschaft. Vorträge auf der fünfzehnten Tagung der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft am 29.6.1960 in Bad Godesberg. Verlag Martin Hoch. Ludwigsburg, S. 8ff.


Die Grundfreiheiten als Wirtschaftsfreiheiten des Bin­nenmarktes sind mit aller Härte durchgesetzt worden und haben die Märkte der Union dereguliert. Die rigoro­se Deregulierung hat den schwächeren Volkswirtschaf­ten den Schutz vor den stärkeren genommen. Bereits der Binnenmarkt hat die schwächeren Volkswirtschaf­ten der Union dem langfristigen Niedergang ausgesetzt.
Die wirtschaftliche und politische Instabilität der Eu­ropäischen Union, deren Kern der Binnenmarkt ist, ist offensichtlich geworden. Die Union hatte niemals eine Chance, ihre vollmundigen Ziele zu erreichen, etwa nach der Lissabon-Strategie von 2000 „bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum in der Welt zu werden, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“. Nicht erst der Euro hat ihre Stabilität beendet, sondern ihr Grundfehler war bereits der Binnenmarkt. Die Einheitswährung sollte diesen korrigieren, hat aber den Absturz beschleunigt.
Die Deregulierung des Binnenmarktes folgt der Frei­handelsdoktrin, die auch die vermeintlich neoliberale Globalisierung begründet. Sie nimmt den Völkern den Schutz ihrer Volkswirtschaften und faktisch weitge­hend die Souveränität. Ohne definierte komparative Vorteile des Außenhan­dels, die spezifische Voraussetzungen wie die vollstän­dige Auslastung der Ressourcen der beteiligten Völ­ker haben, sind Vorteile der einen nichts als Nachteile der anderen, nämlich absolute Vorteile, etwa niedrige Löhne in einem Land, die im anderen Land zur Ar­beitslosigkeit führen, insbesondere wenn die Produkti­on in das Niedriglohnland verlagert wird. Das ist nicht die gegenseitige Wohlstandsförderung des echten Freihandels. Die Kosten der Arbeitslosigkeit im Hoch­lohnland verteuern dessen Konsum der importierten Waren78. Eigentlich müssen alle Kosten des Gemein­wesens zusammengefaßt werden, um die wirklichen Produktionskosten der wirtschaftlichen Leistungen zu errechnen. Das zeigt sich in den Steuer- und Bei­tragslasten, welche Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher zu tragen haben. Die Exportländer der Billigprodukte haben nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Sie behandeln ihre Arbeitnehmer wie Skla­ven, vernachlässigen Binnenmarkt und Infrastruktur. Dieser Fehlentwicklung versucht China gerade entge­genzuwirken.

 Ungleiche Volkswirtschaften im Binnenmarkt mit Währungseinheit

Aus sozial- und damit wahlpolitischen Gründen sind die Löhne der weniger leistungsfähigen Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion denen der stär­keren angenähert worden, mittels inflationärer von Ban­ken und Zentralbanken alimentierter Lohnpolitik schon vor der Währungseinheit und danach bis zur Finanz­krise vornehmlich durch zinssubventionierte Kredite wegen des undifferenzierten Zinssatzes im Eurogebiet. Als die Zinsen wegen des offenkundigen Mangels an Schuldentragfähigkeit der schwachen Volkswirtschaften ins Unermeßliche gestiegen waren, sind die Löhne, von der Eurorettungspolitik erzwungen, nicht unerheblich gesenkt worden, freilich nicht auf das Niveau vor der Einführung der einheitlichen Währung. Die Austeri­tätspolitik hat die kleinen und auch mittelständischen Unternehmen ruiniert und zu hoher Arbeitslosigkeit geführt. Nicht die Eurorettungsmaßnahmen haben die Zinsentwicklung beruhigt, sondern erst die monetäre Finanzierung der betroffenen Volkswirtschaften durch das ESZB und die EZB. Die Schulden der notleidenden Länder sind weiter gewachsen.cDie Einheitswährung hat den schwächeren Volkswirtschaften den letzten, entscheidenden Wettbewerbsschutz genommen: nämlich die äußere Abwertung, welche die gleiche und meist sogar stärkere Wirkung für die Exportfähigkeit eines Landes hat wie die schwer durchzusetzende Lohnzurückhaltung, die innere Ab­wertung. Offene Eingriffe des Staates zu Lasten der Lohnempfänger kosten die Macht im Staat, solange dieser noch (wirklich) ein Mehrparteienstaat ist, wie das Beispiel der Schröderschen „Agenda 2010“ zeigt. Die marktoffenen Währungen entfalten ihre kostenpo­litischen Wirkungen kaum merklich, aber unerbittlich. Sie erweisen zugleich die Einheit von Wirtschaft und Staat und damit die schicksalhafte Einheit des Volkes. Das ist für die demokratische Realisation wesentlich.
Weil sie ihre Währung nicht eigenständig abwerten kön­nen, haben die ohnehin schwächeren Volkswirtschaften der Union die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur im euro­päischen – wegen der nationalen Sozialpolitik unvoll­kommenen – Binnenmarkt gänzlich verloren, sondern auch auf dem globalen Markt. Die Niedriglohnländer liefern Konsumgüter preisgünstiger und nehmen auch den weltmarktschwachen Binnenmarktmitgliedern die Arbeitsplätze, allemal nachdem die Letzteren den Le­bensstandard der Bevölkerung auf das deutsche oder gar ein höheres Niveau angehoben haben. Aber auch ohne die Währungseinheit wirken die Marktgesetze in dem unechten Freihandel, der ver­traglich und gesetzlich verordnet ist, verheerend, wenn auch langsamer, jedenfalls wenn und weil Volkswirt­schaften von Importen abhängig sind, zumal vom Öl­import. Sie können sich deswegen eine übermäßige Abwertung nicht leisten. Sie müssen die Devisen für den Import erwirtschaften können und benötigen um einer importfähigen Währung willen eine hinreichend ausgeglichene Handelsbilanz. Regelmäßig haben sol­che Länder wenig entwickelte Infrastrukturen und kei­ne hinreichend produktionsstarke Industrie. Solange ihre Produktionskosten gemessen in Stückkosten hö­her sind als in anderen exportfähigen Staaten, sind sie in Strukturen eines Binnenmarktes und offenen glo­balen Marktes schutzlos dem Niedergang ausgeliefert, zumal wenn sie den wichtigsten allgemeinen Schutz aufgegeben haben: die Abwertung ihrer Währung.

Chancenlosigkeit der Schwachen gegenüber den Starken

Schutzloser Wettbewerb, das System des unechten Freihandels, nützt immer nur den Starken und scha­det den Schwachen. Nicht die Konvergenz, sondern die Divergenz wird stetig größer. Das ist ein ökono­misches Gesetz. Ein Wettbewerb, in dem nicht alle Wettbewerber die gleichen Chancen haben, ist unfair und rechtlos; er ist Wirtschaftskrieg. Einige Volkswirtschaften der Union, zumal die deutsche und auch die österreichische, sind exportstärker als andere, insbe­sondere als die Volkswirtschaften am Mittelmeer, von den Transformationsländern abgesehen, die den Euro noch nicht haben. Das zeigt sich an den Stückkosten, aber auch am Industrialisierungsgrad und anderen Ele­menten mehr, ist aber auch durch die Niedriglohnpoli­tik Deutschlands gestützt. Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland etwa doppelt so hoch wie in Frankreich. Der Franc wertete vor der Währungsunion stetig gegenüber der D-Mark ab. Nicht anders war die Entwicklung Italiens: Die Lira verfiel. Die Währungseinheit hat diese Lage verbösert und zu­dem Deutschland, aber auch Österreich einen erhebli­chen Wettbewerbsvorteil am europäischen und globa­len Markt verschafft, nämlich eine weit unterbewertete Währung und damit ein sittenwidriges Preisdumping, während die anderen Partner des Binnenmarktes (ab­gestuft) mit überbewerteten Währungen im europäi­schen und globalen Wettbewerb bestehen müssen, aber nicht können.

77 Dazu Art. 2 Nr. 1 UN-Charta; G. Leibholz, Die Gleichheit der Staaten, AVR 10 (1962/63), S. 69 ff.; Ch. Goria, in: K. Ipsen (Hrsg.), Völkerrecht, 1999, S. 328 ff.; A. Bleckmann, in: B. Simma (Hrsg.), Charta der Vereinten Nationen, 1991, Art. 2 Ziff. 1, Rdn. 1 ff.
78 Dazu K. A. Schachtschneider, Verfassungsrecht der Europäischen Union.
Teil 2: Wirtschaftsverfassung mit Welthandelsordnung“, 2010, §§ 11 bis 14, S. 430 ff.

Aus: Prof. K.A.Schachtschneider, Argumente für den EU-Austritt, S 34 ff.)

Europäischer Binnenmarkt – Grundfehler der Integration

Wider die Freihandelsdoktrin

von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Die Europäische Union ist gescheitert. Ihre wirtschaftliche und politische Instabilität ist offensichtlich geworden. Die Gründe werden entweder nicht gesehen oder geleugnet. Die Union hatte niemals eine Chance, ihre vollmundigen Ziele zu erreichen, etwa nach der Lissabon-Strategie von 2000 «bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum in der Welt zu werden, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem grösseren sozialen Zusammenhalt zu erzielen». Nicht erst die einheitliche Währung, der Euro, hat die Stabilität beendet, sondern bereits der Binnenmarkt war der Grundfehler der europäischen Integration. Die Währungsunion mit der Einheitswährung war eine Reaktion auf die Schieflage, welche schon der Binnenmarkt bewirkt hat, hat aber, wie zu erwarten, wenn politische Fehlentwicklungen verteidigt werden sollen, den Absturz beschleunigt.

Deregulierung nimmt den Völkern den Schutz ihrer Volkswirtschaften

Der Binnenmarkt ist die Wirklichkeit der Grund- oder Wirtschaftsfreiheiten, nämlich die Warenverkehrs-, die Niederlassungs-, die Dienstleistungs-, die Kapitalverkehrsfreiheit und die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie sind mit aller Härte durchgesetzt worden und haben die Märkte der Union dereguliert. Der Binnenmarkt folgt der Freihandelsdoktrin, die auch die Globalisierung begründet. Die neoneoliberale Deregulierung nimmt den Völkern den Schutz ihrer Volkswirtschaften. Die Freihandelslehre Ricardos nennt spezifische Voraussetzungen komparativer Vorteile, nämlich die vollständige Auslastung der Ressourcen der beteiligten Völker, und hat im übrigen nicht den ebenso grenzenlosen wie entgrenzten Freihandel in Betracht gezogen. Ohne definierte komparative Vorteile, die auch auf Teilmärkten möglich sind, sind Vorteile der einen nichts als Nachteile der anderen, nämlich absolute Vorteile, etwa niedrige Löhne in einem Land, die im anderen Land zur Arbeitslosigkeit führen, insbesondere wenn die Produktion in das Niedriglohnland verlagert wird. Die Arbeitslosigkeit im Hochlohnland verteuert dessen Konsum, obwohl der Erwerb der importierten Waren wenig kostet. Volkswirtschaftlich müssen den unmittelbaren Erwerbskosten die Kosten für die Finanzierung der Arbeitslosen hinzugerechnet werden. Die Kosten für die Arbeitslosen sind nicht geringer als die Kosten für die Beschäftigten, angesichts der geringen Lohnkosten wegen der Verwaltung der Arbeitslosigkeit und der regelmässig höheren Krankheitsbetroffenheit der Arbeitslosen eher höher. Die Gesamtkosten des Konsums sind somit höher. Hinzu kommen die menschlichen und politischen Kosten der Arbeitslosigkeit, aber auch die Dequalifizierung der Arbeitslosen. Eigentlich müssen alle Kosten des Gemeinwesens zusammengefasst werden, auch die Kosten des Staates, insbesondere der Kriege, der Banken, der Versicherungen, der Altersversorgung usw., um die wirklichen Stückkosten der erarbeiteten Produkte zu errechnen. Das zeigt sich deutlich in den Steuer- und Beitragslasten, welche die Unternehmen und die Arbeitnehmer, aber auch die Verbraucher des Binnenmarktes (Mehrwertsteuer, Verbrauchsteuern u.a.) zu tragen haben. Die Exportländer der Billigprodukte haben nicht nur Vorteile, sondern abgesehen von der Entwürdigung ihrer Bevölkerung durch die unterbezahlte Arbeit auch Nachteile, weil sie die Entwicklung ihres Binnenmarktes vernachlässigen und die Infrastruktur nicht nachhaltig aufbauen. Dieser Fehlentwicklung versucht China gerade entgegenzuwirken.

Einheitswährung nimmt Volkswirt­schaften Abwertungsmöglichkeit

In der Europäischen Union wirkt sich die Freihandelsdoktrin in spezifischer Weise aus, weil die Verhältnisse andere sind als etwa die in den Lohndumpingländern. Aus sozial­politischen Gründen, die wesentlich die Wahlen bestimmen, sind die Löhne entgegen den Leistungen denen der entwickelten Volkswirtschaften angenähert worden, schon vor der Währungseinheit mittels inflationärer von den Zentralbanken alimentierter Lohnpolitik, aber seit der Währungseinheit vornehmlich mit durch die stabilitätsorientierten Mitglieder der Währungsunion zinssubventionierten Krediten. Die Einheitswährung hat den exportschwächeren Volkswirtschaften einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil genommen, nämlich die Abwertungsmöglichkeit, welche die gleiche und meist sogar stärkere Wirkung für die Exportfähigkeit eines Landes wie Lohnzurückhaltung hat. Die Abwertung erzwingt zudem der Markt, während die Lohnpolitik entweder in der Hand der Tarifpartner ist, also wesentlich von den Gewerkschaften abhängt, oder, wenn das jeweilige Verfassungsgesetz das zulässt, in der Hand des Staates, dem gesetzliche Lohnsenkungen grosse Schwierigkeiten machen. Selbst mittelbare Eingriffe in das Lohngefüge kosten meist die Macht im Staat, solange dieser noch (wirklich) ein Mehrparteienstaat ist, wie das Beispiel der Schröderschen Agenda 2010 zeigt. Die marktoffenen Währungen entfalten ihre kostenpolitischen Wirkungen unerbittlich, wenn auch nicht für alle Betroffenen gleich oder gar gerecht. Sie erweisen zugleich die Einheit von Wirtschaft und Staat und damit die schicksalhafte Einheit des Volkes. Das ist für die demokratische Realisation wesentlich.

Schutzloser Wettbewerb nützt immer nur den Starken

Durch die Unmöglichkeit der Abwertung im Rahmen der Einheitswährung haben die exportschwachen Volkswirtschaften die Wettbewerbsfähigkeit nicht nur im europäischen Binnenmarkt, der freilich wegen der jeweils nationalen Sozialpolitik kein echter Binnenmarkt ist, verloren, sondern auch auf dem globalen Markt. Die stärkeren Volkswirtschaften des Binnenmarktes produzieren kostengünstiger und können die schwächeren, aber nicht relevant kostengünstigeren ungehemmt versorgen. Global wirkt der gleiche Mechanismus. Die Niedriglohnländer liefern Konsumgüter preisgünstiger und nehmen auch den weltmarktschwachen Binnenmarktmitgliedern der Union die Arbeitsplätze mit den oben skizzierten Verteuerungseffekten. Manch andere Gegebenheiten kommen hinzu, etwa einfuhrgenerierende Korruption, z. B. von Waffen. Die ähnlich geordneten Märkte, der Binnenmarkt und der globale Markt, ruinieren die weniger robusten Volkswirtschaften, die sich den Marktgegebenheiten schutzlos ausgeliefert haben, zumal wenn der wichtigste allgemeine Schutz aufgegeben ist, die Abwertung der Währung. Aber auch ohne die Währungseinheit wirken die Marktgesetze in dem unechten Freihandel, der vertraglich und gesetzlich verordnet ist, verheerend, wenn auch langsamer, jedenfalls wenn und weil Volkswirtschaften von Importen abhängig sind, zumal vom Ölimport. Sie können sich deswegen eine übermässige Abwertung nicht leisten. Sie müssen die Devisen für den Import erwirtschaften können und benötigen um einer importfähigen Währung willen eine hinreichend ausgeglichene Handelsbilanz. Regelmässig haben solche Länder wenig entwickelte Infrastrukturen und keine hinreichend produktionsstarke Bevölkerung. Solange ihre Produktionskosten gemessen in Stückkosten höher sind als in anderen exportfähigen Staaten, sind sie in Strukturen eines Binnenmarktes und offenen globalen Marktes dem Niedergang ausgeliefert. Der Wettbewerb ist für sie nicht lebbar, sondern stürzt sie in einen Teufelskreis. Schutzloser Wettbewerb, das System des unechten Freihandels, nützt immer nur den Starken und schadet den Schwachen, volkswirtschaftlich den in einem solchen Marktsystem nicht wettbewerbsfähigen Einzelstaaten, die eine politische und damit wirtschaftliche und soziale Einheit bilden.

Im Sinne Friedrich Lists bilaterale oder auch multilaterale Verträge eingehen

Stärkere Volkswirtschaften werden im Binnenmarkt stetig stärker, schwächere stetig schwächer. Das ist ein Gesetz des ungeschützten oder nicht hinreichend geschützten Wettbewerbs. Ein Wettbewerb, in dem nicht alle Wettbewerber die gleichen Chancen haben, ist unfair, rechtlos, Wirtschaftskrieg. So ist der Wettbewerb von Starken mit Schwachen. Hinreichende Chancengleichheit ist Bedingung eines lebbaren und rechtmässigen Wettbewerbs. Die deutsche Volkswirtschaft ist trotz aller Schwächen (neben einigen anderen kleineren Volkswirtschaften) stärker, vor allem exportstärker als die meisten Volkswirtschaften in der Europäischen Union, insbesondere die in der südlichen Peri­pherie. Das zeigt sich an den Stückkosten, aber auch am Industriealisierungsgrad und anderen Elementen wie dem (immer noch besseren) Ausbildungswesen, der Arbeitsamkeit und Sparsamkeit eines grossen Teils der Bevölkerung u.a.m. Schon vor der Vereinbarung der Währungsunion betrugen die Stück­kosten in Deutschland nur etwa 80% derer in Frankreich, das die Lohnkosten übermässig erhöht und sich zudem, einer wirtschaftswissenschaftlich irrigen, wenn auch lange modischen Theorie folgend, die Zukunft liege im Dienstleistungsbereich, mehr als Deutschland deindustriealisiert hat. Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland etwa doppelt so hoch wie in Frankreich. Der Franc wertete vor der Vereinbarung der Währungsunion stetig ab. Nicht anders war die Entwicklung Italiens, das zudem mehr als Frankreich und Deutschland unter mafiösen Verhältnissen zu leiden hat. Die Lira verfiel. Wegen der nicht einmal völlig ausgelasteten Industrie Deutschlands hatten die Industrien der meisten anderen Mitglieder des europäischen Binnenmarktes keine langfristige Chance, neben der deutschen zu bestehen, schon gar nicht, nachdem sie den Lebensstandard der Bevölkerung auf das deutsche oder gar ein höheres Niveau angehoben hatten. Die Währungseinheit hat diese Lage noch verbösert und zudem Deutschland einen erheblichen Wettbewerbsvorteil am europäischen und globalen Markt verschafft, nämlich eine weit unterbewertete Währung und damit ein sittenwidriges Preisdumping, während die anderen Partner des Binnenmarktes (abgestuft) mit überbewerteten Währungen im europäischen und globalen Wettbewerb bestehen müssen, aber nicht können. Die Aufwertung würde die Stückkosten der deutschen Industrie nicht markt- und wettbewerbsschädlich erhöhen, weil die Importe verbilligt würden, die einen Grossteil der Produkte ausmachen. Zudem würde der deutsche Binnenmarkt durch Stärkung der Kaufkraft der deutschen Bevölkerung erheblich belebt werden. Gewisse Strukturen der deutschen Wirtschaft würden sich verändern, vor allem zugunsten der klein- und mittelständigen Unternehmer. Ausgewanderte Industrien würden vielfach zurückkehren, auch zugunsten des Arbeitsmarktes. Nolens volens ist Deutschland Nutzniesser des unechten Freihandels und der Einheitswährung vor allem am Weltmarkt auch zu Lasten der Partner des Binnenmarktes. Die Kritik der Freihandelsideologie will nicht abgeschotteten Märkten das Wort reden, sondern einer praktisch vernünftigen Politik der Staaten, welche im Sinne Friedrich Lists bilaterale oder auch multilaterale Verträge im jeweils eigenen Interesse eingehen. Aber dass ein Exportland wie Deutschland die Zuständigkeit für die Handelspolitik aus der Hand gegeben hat, ist eine untragbare Souveränitätsverletzung.

Rettung der internationalen Banken wird auch Deutschland ruinieren

Die Schäden Deutschlands sind das leistungswidrige Zurückbleiben der Kaufkraft dadurch, dass die Aufwertung der Währung in Deutschland wegen der Währungseinheit unterbleibt, die geringe Verzinsung der Spareinlagen wegen der Niedrigzins­politik der Zentralbank, die Renditeverluste der Lebensversicherungen wegen der Flucht in die deutschen fast unverzinslichen Staatsanleihen, die lange Vernachlässigung der Investitionen, weil in den Ländern investiert wurde, die schnelle und hohe Rendite versprochen haben, (u.a.m.) und schliesslich das mittels der europäistischen Ideologie abgenötigte Einstehen Deutschlands für die Kredite, mit denen diese Länder ihren letztlich gescheiterten, blasenhaften Aufschwung finanziert haben. Die Rettung der internationalen Banken, kaschiert als Eurorettung, wird auch Deutschland ruinieren. Die Geldmengenerweiterung durch die Staatsfinanzierung der Europäischen Zentralbanken zerstört endgültig die wirtschaftliche Stabilität.
Kapitalverkehrsfreiheit –

der entscheidende Schlag gegen die Souveränität der Völker

Es gibt Profiteure der globalen unechten Freihandelspolitik. Das sind die international agierenden Unternehmen, die durch den Wechsel der Produktionsstandorte grösstmögliche Gewinnspannen in den Importländern erwirtschaften, solange die Transportkosten so gering sind, dass sie die Lohnersparnisse in den Niedriglohnländern, sprich der Sklavenarbeit, nicht ausgleichen, abgesehen von den Vorteilen der Massenproduktion (economy of scale). Weiterhin sind es die Banken, Versicherungen und institutionellen Anleger, welche das Kapital, über das sie verfügen, weitgehend privat geschöpft, mit grösstmöglicher Rendite nutzen können, auch indem sie mittels Drohung von Kapitalverlagerungen die Staaten zwingen, ihnen grösstmögliche Gewinne zu belassen, etwa auf sachgerechte Besteuerung, aber auch auf Regulierungen des Kapitalverkehrs zu verzichten, ja sogar die Sozialisierung ihrer Risiken und Verluste durchsetzen konnten. Die Kapitalverkehrsfreiheit war und ist der entscheidende Schlag gegen die Souveränität der Völker. Schliesslich ist es die politische Klasse, welche den einstigen Rechtsstaaten das Recht genommen hat. Von den Gerichten ist Schutz des Rechts, das mit den Menschen geboren ist, nicht mehr zu erwarten. Sie gehören wie die (meisten) Medien zur politischen Klasse. Das demokratiewidrige Parteienwahlsystem sichert die Wahl hinreichend gefügiger Politiker in die Staatsämter. Korrumpierte Medien, in der Hand weniger Oligarchen, stützen das menschenverachtende System durch Desinformation und heuchlerischen Moralismus.

Freiheit verträgt unechter Freihandel nicht

Europäisierung wie Globalisierung sind Instrumente bestimmter Kräfte, die eine One-World-Politik betreiben, seit langer Zeit. In der Neuen Welt wollen sie die Menschheit nach ihrem Bilde formen, sie zu Arbeitern und Verbrauchern degradieren, sie jedenfalls beherrschen, d.h. ihnen die Freiheit und damit Würde nehmen. Sie mögen auch Gutes wollen, aber sie achten die Menschen nicht als ihresgleichen. Die Freiheit jedes Menschen ist ihnen, wohl auf Grund ihres Reichtums und ihrer Macht, fremd. Hier passt die Warnung Friedrich Nietzsches: «Und behüte Dich vor den Guten und Gerechten», jedenfalls vor denen, die sich als solche feiern, den moralistischen Jakobinern. Bevormundung ist gegen die Menschheit des Menschen gerichtet, Moralismus das Gegenteil von Moralität. Die Welt muss so eingerichtet sein, dass alle Menschen in Freiheit leben können, also in demokratischen Republiken, die es nur in kleinen Einheiten geben kann, als Republik von Republiken. In dieser Welt muss jedes Gemeinwesen sich in eigener Verantwortung entfalten und vor der Intervention anderer geschützt werden, auch vor der vermeintlich humanitären Intervention, einer regelmässigen Schutzbehauptung für Eroberungen aus wirtschaftlichen Interessen. So steht das in der Charta der Vereinten Nationen. Wenigstens in Europa wollen wir die Kultur der Freiheit nicht aufgeben. Die Schweiz ist vorbildlich, trotz der bilateralen Binnenmarktverpflichtungen (aber immerhin ohne den Euro) noch, und dennoch, ja ich sage deswegen zugleich einer der beiden wettbewerbsfähigsten Staaten der Welt.
Ein Binnenmarkt integriert sich nicht von allein zu einem homogenen Wirtschaftsraum, sondern verstärkt die Divergenzen, wie entgegen den Illusionen der ­Integrationspolitiker der Grossversuch eines europäischen Binnenmarktes erwiesen hat. Er erzwingt um des politischen Ziels, Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im ­politisch vereinten Raum, eine ­Politik der Integration des Sozialen. Das geht nur mittels eines grossen Finanzausgleichs, der alle überfordert und den grossen europäischen Raum im Weltmarkt derart schwächt, dass er insgesamt seine Wettbewerbsfähigkeit verliert. Vor allem verliert er seine ­politische Kultur, nämlich mit der Demokratie und dem Rechtsstaat die Freiheit. Das grosse Wort Freihandel vermag die Politik der Verarmung der vielen und der Bereicherung der wenigen nicht zu legitimieren. Freiheit verträgt unechter Freihandel nicht.    •

(Quelle: Zeit-Fragen)



Keine Kommentare: